Schlagwort-Archive: Herzfehler

Simulation der Strömungsdynamik bei Patienten mit angeborenen Herzfehlern

Ein weiteres Forschungsprojekt, das wir fördern und hier stolz präsentieren:

In den letzten Jahren hat die Messung von Blutströmungen mittels kardiovaskulärer Magentresonanz-tomographie (MRT) für die Untersuchung von Patienten mit angeborenen Herzfehlern zunehmend an Bedeutung gewonnen. Moderne Techniken (4DFlow) ermöglichen sogar die zeitlich und räumlich aufgelöste Untersuchung von Blutflüssen mittels MRT, also die Erfassung des Blutflusses in Herz und umgebenen großen Gefäßen im gesamten Herzzyklus mit einer einzigen Messung. So nutzen auch wir, die MRT-Gruppe der Klinik für angeborene Herzfehler und Kinderkardiologie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Kiel, diese modernen Techniken zum Wohle unserer Patienten.

Patienten mit angeborenen Herzfehlern besitzen oft eine abnorme Anatomie des Herz-Kreislauf-Systems und einen entsprechend veränderten Blutfluss. Selbst innerhalb einzelner Patientengruppen kann es große Unterschiede geben: So kann der sog. „Tunnel“, der bei Patienten mit hypoplastischem Linksherzsyndrom, einem der schwersten angeborenen Herzfehler, eine Vielzahl an Formen annehmen, die wir in MRT-Studien systematisch untersucht haben. Diese Formen führen zu ganz eigenen Blutströmungsmustern, die bisher wenig beschrieben worden sind. Ein Beispiel für die Darstellung des Tunnels mittels MRT wird in der folgenden Abbildung vorgestellt. Entscheidend für unsere Patienten ist ein ungehinderter Blutfluss durch den Tunnel mit wenig Verlusten durch Verwirbelungen, die einerseits energetisch nachteilig sein können und andererseits zu lebensgefährlichen Thromben führen können.

Wir möchten diese und andere spezielle Anatomien des kardiovaskulären Systems bei angeborenen Herzfehlern im Rahmen dieses Projektes mittels computergestützter Strömungssimulation (CFD) anhand von MRT-Bilddaten untersuchen. Wir freuen uns, einen Spezialisten auf dem Gebiet für diese Studie gewinnen zu können. Zur erfolgreichen Bearbeitung des Projektes wird der Verein „Kinderherzen wollen leben“ diesen Mitarbeiter finanzieren

 

Titelbild: 155404_web_R_K_by_erysipel_pixelio.de  // http://www.pixelio.de

Automatische Bestimmung von Gefäßdurchmessern mittels maschinellem Lernen

Wir fördern auch aktuell wieder unter anderem ein weiteres Projekt aus dem Bereich der Forschung, das wir Ihnen hier mit Hilfe einer Beschreibung durch die Klinik näher erläutern und näherbringen möchten und freuen uns auf die hoffentlich positiven Erkenntnisse daraus:

In den vergangenen Jahren hat sich zunehmend gezeigt, dass Methoden maschinellen Lernens großes Potential für die klinische Beurteilung von magnetresonanztomographischen (MRT-) Daten bieten (Fotaki et al. 2022, Helman et al. 2021). Auch die MRT-Gruppe der Klinik für angeborene Herzfehler und Kinderkardiologie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Kiel, ist bestrebt, diese Entwicklung mit freundlicher Unterstützung des Vereins „Kinderherzen wollen leben“ voranzutreiben und möchte neue Methoden entwickeln, die Kindern mit Herzerkrankungen zu Gute kommen sollen.

Der zeitliche Aufwand bei der Erstellung von MRT-Befunden für Kinder mit angeborenen Herzfehlern und anderen Herz- und Gefäßerkrankungen ist aufgrund der vielfältigen manuellen Arbeitsschritte hoch. Wir sehen hier großes Potential, diese Prozesse teilweise durch unterstützende Automatisierung zu verbessern. Im Rahmen der klinischen Auswertungen werden auf Grundlage von MRT-Schichtbildern (Abbildung A) oder 3D-Messungen (Abbildung B) Durchmesser an verschiedenen Positionen der großen Blutgefäße wie der Aorta oder der Pulmonalarterie bestimmt. Diese Bestimmung wird routinemäßig manuell durchgeführt. Wir möchten ein neuronales Netz entwickeln, um große Blutgefäße in MRT-Datensätzen automatisch zu segmentieren mit einem dreidimensionalen Modell (Abbildung C), und im zweiten Schritt aus diesem Modell die Parameter für Gefäßquerschnitte an vorgegebenen Positionen automatisiert und systematisch zu erhalten. Die spezifische Entwicklung von neuronalen Netzen soll in unserem Hause erfolgen.

Wir sind bereits ausgestattet mit mehreren sehr leistungsfähigen Computern für das Training von neuronalen Netzen. Durch Kooperationen mit der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel ist es uns gelungen, Informatiker für unsere Projekte zu begeistern, die hochqualifiziert für diese Aufgabe sind. Der Verein „Kinderherzen wollen leben“ wird dieses Projektes unterstützen durch Finanzierung eines wissenschaftlichen Mitarbeiters.

 

Titelbild: 523115_web_R_K_by_Halina Zaremba_pixelio.de // http://www.pixelio.de

 

Gemeinschaftsprojekt zur Versorgungsoptimierung und vergleichende Wirksamkeitsstudien

In den letzten Jahrzehnten hat es große Fortschritte in der Behandlung von Kindern mit einem Angeborenen Herzfehler gegeben. Heutzutage liegt es daher im besonderen Interesse der behandelnden Ärzt*innen die Lebensqualität der chronisch kranken Patient*innen weiter zu verbessern. Leider fehlen im Bereich der angeborenen Herzfehler häufig belastbare Daten zur Wirksamkeit von Medikamenten sowie von katheterinterventionellen Verfahren. Nur wenige Therapieverfahren basieren auf einer guten Studienlage. Über den langfristigen Verlauf der heterogenen Grunderkrankungen und über die gesundheitliche Versorgung der Patienten müssen wir daher dringend besser Bescheid wissen. Wie entwickeln sich Patienten die im Rahmen einer Herzoperation einen Shunt bekommen haben im Vergleich zu Patienten die im Katheter einen Stent bekommen haben? Welchen Einfluss hat die Gabe von Blutverdünnern, müssen wir überhaupt Blutverdünner verschreiben? Auf diese Fragen wollen wir mit unserer Versorgungsstudie Antwort finden. Dabei kommt uns die digitale Entwicklung entgegen. Big Data Analysen auf Grundlage entsprechend programmierter Algorithmen helfen uns dabei, entlang unserer Fragestellungen innerhalb kurzer Zeit große Datenmengen auszuwerten.

Mit Unterstützung durch das Statistische Bundesamt und die Barmer GEK werden wir im Rahmen unseres Projektes die anonymisierten Daten von 2,8 Millionen Behandlungsfällen pro Jahr und neun Millionen Krankenversicherten berücksichtigen. Für unsere Langzeitauswertung stellt uns die Krankenkasse anonymisierte Patientendaten zur Verfügung, die einen Zeitraum von zehn Jahren abdecken. Aus den Ergebnissen können unmittelbare Handlungskonsequenzen für die alltägliche ambulante und stationäre Versorgung von Patienten mit AHF abgeleitet werden. Diese tragen direkt dazu bei, die heimatnahe Versorgung dieser Patientengruppe langfristig zu verbessern.

Dieses Projekt und die daraus resultierenden Ergebnisse liegt „Kinderherzen wollen leben e. V.“ besonders am Herzen und wird daher von uns kofinanziert.

Bilder u. a.: 695705_original_R_K_B_by_Tim Reckmann_pixelio.de

http://www.pixelio.de

Neue Gene für Herzfehler entdeckt

Die ersten „Früchte“ der von uns unterstützen Foschung konnten kürzlich „geerntet“ werden, so dass auch mit Ihrer Spende dieser wichtige Erfolg erreicht werden konnte:

Eine internationale Forschergruppe hat drei neue Gene entdeckt, die bei der Entstehung angeborener Herzfehler eine Rolle spielen.

Bild-Gen

Trotz einer Vielzahl an Studien weiß man bis heute nur wenig über die Gene, die bei der Entstehung von angeborenen Herzfehlern eine Rolle spielen. Dennoch konnten in den letzten Jahren insbesondere bei Kindern, die neben dem Herzfehler auch Fehlbildungen anderer Organe zeigen, d.h. einen syndromalen Herzfehler haben, Fortschritte in der genetischen Ursachenforschung gemacht werden. In den meisten Fällen ist die Ursache jedoch immer noch unbekannt – dies gilt vor allem für die große Gruppe (90%) der Kinder, die nur eine isolierte Fehlbildung des Herzens aufweisen, d.h. einen nicht-syndromalen Herzfehler haben.

Worum geht es eigentlich? Genom und Genomforschung

Das menschliche Genom ist ein rund 2 Meter langer Faden aus Desoxyribonukleinsäure (DNA), der sämtliche Informationen unseres Erbguts enthält. Das Genom besteht beim Menschen aus circa 22.000 Genen, die eine Art Bauplan unseres Körpers sind. Die Gene sind das „Buch des Lebens“, das alle wesentlichen Informationen über uns enthält. Wenn einzelne Buchstaben in der DNA falsch geschrieben sind, werden wichtige Proteine (Eiweiße) nicht richtig gebildet. Man nennt diese Veränderungen in der DNA dann Mutationen. Proteine sind die „Bausubstanz“ des menschlichen Körpers. Wenn sie nicht richtig gebildet werden, passieren Fehler in der menschlichen Entwicklung wie z. B. ein angeborener Herzfehler. In der Genomforschung suchen Wissenschaftler nach den verantwortlichen Schreibfehlern im „Buch des Lebens“.

Auf der Suche nach den verantwortlichen Genen

693029_web_R_B_by_Tim Reckmann_pixelio.deIn einer Studie, bei der die DNA von ca. 2000 Patienten mit syndromalen und nicht-syndromalen Herzfehlern untersucht wurde, versuchte ein internationales Forscherteam, den genetischen Ursachen von angeborenen Herzfehlern weiter auf die Spur zu kommen. An der Forschergruppe unter Federführung des Wellcome Trust Sanger Institutes (Cambridge) waren Wissenschaftler aus Deutschland im Rahmen des Nationalen Register für angeborene Herzfehler e. V. sowie England, Belgien, Saudi-Arabien und Kanada beteiligt.

Die Forscher arbeiteten mit der sogenannten Exomsequenzierung. Das ist eine hochmoderne Technologie zur Untersuchung des Genoms. Bei ihr beschränkt man sich auf einen kleinen Teil des Genoms, das sogenannte Exom. Das Exom enthält die Gene, die für die Bildung von Proteinen verantwortlich sind und macht nur etwa 1,5 Prozent der gesamten menschlichen DNA aus. Dennoch enthält das Exom immer noch 30 Millionen Basenpaare, die analysiert und interpretiert werden müssen.

 Drei neue Gene entdeckt

Die Forscher entdeckten bei ihren Untersuchungen drei neue Gene, die bei der Entstehung syndromaler Herzfehler eine Rolle spielen. Die verantwortlichen „Schreibfehler“ in der DNA der betroffenen Patienten treten dabei in den meisten Fällen neu auf (Neumutation), ohne dass die Eltern diese aufweisen und vererbt haben.

Anders war es bei den nicht-syndromalen Herzfehlern. Hier konnte beobachtet werden, dass die betroffenen Kinder im Vergleich zu gesunden einen höheren Anteil sehr seltener Mutationen aufwiesen, die sie von herzgesunden Eltern geerbt hatten.

Die Studienergebnisse liefern zum ersten Mal einen wichtigen Einblick in die Mechanismen, die bei der Entstehung nicht-syndromaler Herzfehler wichtig sind. Die Studie ist somit ein wichtiger Schritt für die Beratung von Patienten mit angeborenen Herzfehlern. Das langfristige Ziel ist es, allen Patienten eine genetische Diagnose zu ermöglichen. So lassen sich Aussagen dazu machen, mit welcher Wahrscheinlichkeit bestimmte Herzfehler vererbt werden. Außerdem kann eine molekulaenetische Diagnose dabei helfen, die betroffenen Patienten optimal zu behandeln.

Originaltext und Beitrag von:

Dr. med. Marc-Phillip Hitz, PhD

Group leader cardiovascular genetics

Institute of Human Genetics

Department of Congenital Heart Disease and Pediatric Cardiology

University Hospital of Schleswig-Holstein -Campus Kiel

Arnold-Heller-Straße 3

24105 Kiel

Germany

Tel. +49 (0)431 597 – 1138/1758

Pager 630138

Fax. +49 (0)431 597 – 1828

Email: Marc-Phillip.Hitz@uksh.de

Visiting scientist

Wellcome Trust Sanger Institute

Wellcome Trust Genome Campus

Hinxton, Cambridge, UK, CB10 1SA

Tel: +44 (0)1223 834244,  Ext 8637

Fax: +44 (0)1223 494919

Email: mph1@sanger.ac.uk

Fotos u. a.: Tim Reckmann  / pixelio.de; Jörg Brinckheger  / pixelio.de